Olympia und Recht – Das Schnellverfahren der Ad-hoc-Kammer

Das erste Duell der Olymischen Spiele ist schon entschieden – obwohl die Winterspiele in Sotschi noch nicht mal eröffnet sind. Die sog. ad-hoc divison des Internationalen Sportgerichtshof CAS hat den Antrag der Österreicherin Daniela Bauer auf einen Start im Freestylewettbewerb der Skifahrer abgelehnt. Doch was hat es mit der Ad-hoc-Kammer auf sich, wer entscheidet auf welcher Grundlage und warum? Die wichtigsten fünf Fragen.

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1. Was ist der CAS?

CAS steht für Court of Arbritation for Sport, ein spezielles Sportschiedsgericht, das 1984 eingerichtet wurde, um der Kommerzilaisierung Olympias im Wege zunehmender Streitigkeiten mit wirtschaftlicher Relevanz Rechnung zu tragen. Der CAS entscheidet vor allem auf der Grundlage der bestehenden Sanktions- und Spielregeln der internationalen Sportverbände. Daneben ist der CAS letztentscheidende Instanz in Anti-Doping-Streitigkeiten.

Träger des CAS ist mit der International Council of Arbritration for Sport (ICAS) eine Stiftung schweizer Rechts, also ein Privatrechtssubjekt, weshalb die Entscheidungen des CAS trotz des gelegentlichen Sanktionscharakters auf dem Zivilrechtsweg ergehen. Als sog. echtes Schiedsgericht ist der CAS durch staatliche Gerichte anerkannt worden; gegen Entscheidungen des CAS verbleibt als Rechtsmittel damit lediglich die Aufhebungsbeschwerde vor dem Schweizer Bundesgericht.

2. Welche Funktion hat die Ad-hoc-Kammer?

Die Ad-hoc-Kammer ist eine von drei Kammern des CAS – neben der ständigen Kammer für ordentliche Streitigkeiten und der Berufungskammer. Der Unterschied zu den ständigen Kammern ist, dass sie nur während der Olympischen Spiele sowie Welt- und Europameisterschaften im Fußball über die Beilegung von Streitigkeiten, die während der Spiele entstehen, entscheidet. Die Ad-hoc-Kammer feierte bei den Olympischen Sommerspielen in Atlanta 1996 ihre Premiere. Die Besonderheit ist, dass die Kammer im Schnellverfahren entscheidet  – innerhalb von 24 h.

Es gibt nichts Ärgerlicheres, als zwei Jahre nachdem jemand Olympiasieger geworden ist, festzustellen, dass er gedopt war oder bei der Auswertung etwas falsch gelaufen ist.

Das sagt die diesjährige Voristzende der Kammer, die ehemalige Schweizer Skirennfahrerin Corinne Schmidhauser im lto-Interview und lässt dabei bzgl. der Funktion der Ad-hoc-Kammer keine Fragen mehr offen. Neben ihr gibt es einen weiteren Voristzenden, den Amerikaner Michael Lenard sowie neun weitere Schiedsrichter, in Sotschi unter anderem Experten aus Kanada, China oder Australien, die sich mit den aufkommenden Rechtsfragen während der Spiele befassen.

3. Auf welcher Grundlage entscheiden die Schiedsricher der Ad-hoc-Kammer?

Die sog. Schiedsrichter entscheiden nicht nach nationalem staatlichen Recht, sondern vor allem auf der Grundlage der Olympischen Charta. Daneben sind die Spielregeln der Verbände in den jeweiligen Sportarten und allgemeine Grundsätze des Rechts für die Entscheidung zu Grunde zu legen.

4. Wie läuft ein Verfahren vor der Ad-hoc-Kammer ab?

Ist ein Athlet mit der Entscheidung seines Verbands bzgl. der Qualifikation oder Nominierung für den Wettkampf (im Vorfeld) oder über eine Wettkampfwertung nicht einverstanden, besteht die Möglichkeit der Beschwerde an die Kammer. Eine anwaltliche Vertretungspflicht gibt es nicht; dennoch sind Anwälte in Sotschi vor Ort, die unterstützend tätig werden. Die  Kammer wird wie im deutschen Zivilprozess lediglich auf Antrag tätig; ggfs. finden persönliche Anhörungen statt. Die Urteilsentscheidung obliegt dann der Kammer ohne das eine Überprüfung dieser Entscheidung durch ein weiteres Rechtsmittel möglich ist.

Während der letzten Olympischen Spiele in London 2012 gab es im übrigen 11 Fälle, die durch die Ad-hoc-Kammer entschieden worden. In Sotschi sind es bereits vor der offiziellen Eröffnung bereits zwei: neben der Österreicherin Bauer scheiterte auch der argentinische Freestyler Clyde Getty mit seinem Antrag auf Start bei den Spielen.

5. Sind die Entscheidungen für die Athleten verbindlich?

Ja, alle Olympiateilnehmer müssen vor Beginn der Spiele eine entsprechende Schiedsvereinbarung gemäß der Durchführungsbestimmungen zu Regel 45 der Olympischen Charta unterzeichnen. Die Vereinbarung hat folgenden Wortlaut:

Ich erkläre mich (…) damit einverstanden, dass jede Streitigkeit, die anlässlich oder in Zusammenhang mit meiner Teilnahme an den Olympischen Spielen entsteht, gemäß dem Regelwerk für Schiedsgerichtsbarkeit in Sportsachen dem Schiedsgerichtshof für Sportsachen unterbreitet wird. (…)

Eine rechtlich nicht unproblematische Erklärung, da die Unterzeichnung und damit der Auschluss des Rechtswegs vor ein staatliches Gericht quasi durch faktischen Zwang herbeigeführt wird. Bei einer Nichtunterzeichnung steht nämlich der Start bei den Olympischen Spielen auf dem Spiel.

Fazit

Mit der Ad-hoc-Kammer des CAS gibt es bei den Olympischen Spielen ein Schiedsgericht, dass aufgrund des Schnellverfahrens unzweifelhaft im Interesse eines fairen Wettkampfs agiert. Allerdings bestehen Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit im Hinblick auf die Unterwerfung unter die Schiedsgerichtsbarkeit und den damit verbundenen Ausschluss staatlicher Gerichte. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ein Sportler, zu dessen Ungunsten die Kammer entscheidet, den Weg vor ein staatliches Gericht sucht, um diese Zweifel prüfen zu lassen.

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