In wenigen Wochen beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien. Der Anpfiff einiger Spiele ist durch die Zeitverschiebung teilweise erst spät am Abend, dennoch steht dem gemeinsamen Fußballerlebnis – kurz: Public Viewing – auch in diesem Sommer wohl nichts im Wege. Für Veranstalter sind dabei einige rechtliche Vorgaben der FIFA zu beachten – oder doch nicht?
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Für Veranstalter stellt sich zuächst die Frage, ob sie für ein Public-Viewing-Event eine Lizenz benötigen oder nicht. Darüber hinaus ist natürlich interessant, welche Kosten für eine Lizenz anfallen. Die FIFA hat als Veranstalter der Fußballweltmeisterschaft ein Reglement aufgestellt, dass die öffentliche Übertragung von WM-Spielen näher ausgestaltet, das sog. FIFA-Reglement für Public-Viewing-Veranstaltungen.
Gewerbliche und nicht-gewerbliche Public-Viewing-Veranstaltungen
Dabei wird zwischen gewerblichen und nicht gewerblichen Public-Viewing-Veranstaltungen unterschieden. Eine gewerbliche Public-Viewing-Veranstaltung liegt demnach vor, wenn der Veranstalter diese zu gewerblichen Zwecken durchführt. Nach FIFA-Definition ist das der Fall, wenn
- für die Vorführung der Übertragung direkt oder indirekt Eintrittsgelder verlangt werden und/oder
- im Zusammenhang mit der Veranstaltung Sponsoring- oder andere gewerbliche Assoziierungsrechte genutzt werden und/oder
- aus der Veranstaltung in anderer Form ein geschäftlicher Nutzen erzielt wird
Dagegen soll es sich um eine Public-Viewing-Veranstaltung als nicht gewerbliche Public-Viewing-Veranstaltung handeln, wenn der Veranstalter mit der Veranstaltung in keiner Form einen geschäftlichen Nutzen erzielt.
Das Reglement legt zu Beginn fest, dass alle gewerblichen sowie besondere nicht-gewerbliche Veranstaltungen (solche, die zwar nicht gewerblich, aber auf mehr als 5000 Besucher ausgerichtet sind) sich lizenzieren müssen. Für alle nicht-gewerblichen Veranstaltungen fordert die FIFA die Einhaltung der Bestimmungen des Reglements.
Kosten der Lizenzierung
Zumindest die Lizenziereung hat finanzielle Folgen. So müssen Veranstalter von gewerblichen Public-Viewing-Veranstaltungen eine Gebühr bezahlen, die die FIFA ihrer offiziellen Wohltätigkeitskampagne für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft in Brasilien 2014 zukommen lässt. Auf einer gesonderten Seite hat die FIFA die geltenden Gebühren aufgelistet. Die Kosten werden dabei anhand der potentiellen Besucherzahlen bemessen. Hier ein Überblick:
Zuschauerkapazität | Kosten |
weniger als 1.000 | 1.000 USD |
1.000 oder mehr | 2.000 USD |
5.000 oder mehr | 4.000 USD |
10.000 oder mehr | 8.000 USD |
20.000 oder mehr | 14.000 USD |
Bei Kalkulation mit diesen Zahlen und vor allem unter Berücksichtigung der relativ kostspieligen Mietkosten für leistungsstarke Übertragungstechnik wird schnell deutlich, dass das Geschäft für Public-Viewing-Veranstalter schnell unattraktiv werden könnte.
FIFA-Recht hat keinen Gesetzescharakter
Die Frage ist aber, ob das FIFA-Reglement überhaupt zur Anwendung kommt. Schließlich bestimmt sich die Frage nach der Lizenzpflichtigkeit für Deutschland nicht nach dem FIFA-Reglement sondern nach deutschen staatlichen Recht, genauer gesagt dem deutschen Urheberrecht. Das ist für Public-Viewing-Veranstaltungen in Deutschland anwendbar, selbst wenn es sich wie bei der FIFA-WM um eine internationale Großveranstaltung handelt. Und das Urheberrechtsgesetz regelt die Frage der öffentlichen Übertragung von Sportveranstaltungen wesentlich liberaler als das FIFA-Reglement. Das folgt auch daraus, dass es in Deutschland – anders als in anderen Staaten wie zB Frankreich oder Kanada – (noch) kein Leistungsschutzrecht für Sportveranstalter gibt.
Recht des Sendeveranstalters: Öffentlich und gegen Eintrittsgeld
Ein ausschließliches Recht aus dem UrhG steht also der FIFA nicht zu. Ein urheberrechtliches Schutzrecht steht nur dem sog. Sendeveranstalter zu. Gemäß § 87 Abs.1 Nr. 3 UrhG hat das Sendeunternehmen, das das Sportereignis im Fernsehen überträgt, ein ausschließliches Recht, die Fernsehbilder der sportlichen Wettkämpfe an Stellen, die der Öffentlichkeit nur gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind, öffentlich wahrnehmbar zu machen. Das bedeutet zunächst, dass nur die TV-Sender, die die Übertragungsrechte für die jeweilgen WM-Partien haben, berechtigt sind, Fernsehbilder der Öffentlichkeit im Rahmen von Public Viewings gegen Eintrittsgeld anzubieten. Private Veranstaltungen sind damit ebenso wenig umfasst wie solche, die ohne Eintrittsgeld zugänglich sind.
Die FIFA ihrerseits kommt aber wieder dadurch in Spiel, dass sie sich im Rahmen der Vergabe der Übertragungsrechte an die einzelnen Fernsehanstalten auch Rechte an der Fußballübertragung von den Sendeanstalten hat abtreten lassen. Somit ist denkbar, dass die FIFA das Senderecht ausübt. An den Beschränkungen des § 87 UrhG ändert das aber dennoch nichts. Bei Veranstaltungen, bei denen ohne Erhebung eines Eintrittsgeldes Spiele öffentlich gezeigt werden, kann die FIFA also nichts machen, genausowenig wie gegen Übertragungen, die nicht öffentlich sind.
Hat ein Veranstalter allerdings bereits eine FIFA-Lizenz erworben, zB weil er davon ausgegangen ist, dass er dies tun muss, besteht eine Bindung an das FIFA-Reglement für Public-Viewing-Veranstaltungen und die darin verankerten Lizenzbedingungen sind einzuhalten.
Sonstige urheberrechtlich geschützte Inhalte
Daneben besteht auch für den Urheber geschützter Werke das Recht ein ausschließliches Recht, seine Werke im Rahmen eines Public Viewings öffentlich wiederzugeben (§ 22 UrhG). Als solcher gilt jedoch nicht der einzelne Fußballer. Spätestens seit der Entscheidung des EuGH “Karen Murphy” (EuGH vom 4.10.2011 – C-403/08 und C-429/08) ist unstrittig, dass ein Fußballspiel kein urheberrechtlich geschütztes Werk ist.
Damit verbleiben allenfalls die im Rahmen von Fußballübertragungen typischen Elemente wie Titelmusik, Hymnen, Kommentar, Analyse, Interviews etc. An solchen besteht urheberrechtlicher Schutz, der lizenzierfähig ist. Die Lizenzierung läuft hierbei jedoch nicht über die FIFA, sondern für Deutschland kollektiv über die Verwertungsgesellschaften GEMA bzw. VG-WORT, die entsprechende Tarifpauschalen anbieten.